Heft 1

Manfred Krupp

Editorial

Wenn öffentlich-rechtliche Medien weiterhin eine wichtige Rolle in der Gesellschaft spielen wollen und damit zur öffentlichen Meinungsbildung beitragen sollen, reicht es nicht mehr aus, sich allein auf Erfolge in den linearen Angeboten zu beschränken. Die Menschen wollen für den Rundfunkbeitrag Angebote, die auch mobil und zeitsouverän genutzt werden können. Wir müssen daher unsere Stärken ins Netz übertragen können.

„funk“ ist dabei ein Weg. Das Jugendangebot von ARD und ZDF, das im Oktober 2016 gestartet ist, richtet sich überwiegend an die Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen und findet in aller erster Linie dort statt, wo diese Generation vorwiegend Medien nutzt: im Netz. Wie wird dieses Angebot inzwischen angenommen? Dieser Frage ist die aktuelle Medienforschung nachgegangen. Als dezentrales Netzwerk wurden mittlerweile 60 verschiedene Formate in den Bereichen Information, Orientierung und Unterhaltung etabliert. Kumuliert erreichte funk im ersten Jahr 291 Millionen Videoaufrufe auf Youtube und 102 Millionen auf Facebook. Diese Zahlen sind eine Bestätigung des eingeschlagenen Weges, aber auch Ansporn, ihn entschieden und experimentierfreudig weiterzugehen.

Das klassische Fernsehen ist unverändert eine große Erfolgsgeschichte. Immer mehr Menschen profitieren aber auch hier davon, dass die Inhalte in den Mediatheken zeitunabhängig genutzt werden können. Die Nutzerzahlen steigen stetig. Interessant sind hier die qualitativen Unterschiede zwischen den öffentlich-rechtlichen und den privaten Angeboten. Nach den Streaming-Hitlisten der AGF Videoforschung ruft das Publikum der Privaten in den Mediatheken vorrangig reichweitenstarke Formate aus dem linearen TV ab. Dementsprechend schwanken die Abrufzahlen stark, während sie bei den Öffentlich-rechtlichen wesentlich stabiler sind. Das Erste verzeichnete allein von Januar bis April 2017 bis zu 1,6 Millionen, das ZDF bis zu 1,4 Millionen Abrufe.

Diesem steigenden Interesse stehen lizenzrechtliche Bestimmungen und Regelungen im Rundfunkstaatsvertrag entgegen. Dadurch wird reglementiert, was in den Mediatheken zur Verfügung gestellt werden darf. Das ist für die Nutzer aber häufig ebenso wenig nachvollziehbar, wie die Dauer, wie lange Beiträge verfügbar sein dürfen. In anderen Ländern Europas sind die Regulierungen für öffentlich-rechtliche Anbieter weniger strikt und damit für ihre Nutzer und Nutzerinnen besser erreichbar. Auch in Deutschland sollte den Nutzerinteressen Rechnung getragen werden, denn diese lassen sich auf Dauer nicht ignorieren.

MP 1/2018, S. 1

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