Heft 2

Manfred Krupp

Editorial

Europaweit wird derzeit über die Rolle der öffentlich- rechtlichen Medien diskutiert. Die Debatte in Deutschland kennen wir, in der Schweiz lief sie unter dem Titel „No Billag“, und in Großbritannien ging es um die Erneuerung der Royal Charter, der rechtlichen Grundlage der BBC. So lange diese Diskussionen sachlich geführt werden, sind sie zu begrüßen.

In Großbritannien hat man aus einer fast zwei Jahre dauernden Diskussion interessante Schlüsse gezogen. Die Finanzierung über eine Rundfunkgebühr soll bis zum Ende der Laufzeit der Royal Charter Ende 2027 beibehalten werden. Das ist eine wichtige Grundlage für den Qualitätsjournalismus, den man bewusst nicht allein dem freien Markt überlassen will. Auch eine Gebührenerhöhung zum Ausgleich der Inflation ist bereits beschlossen.

Interessant ist die Zusammenführung des internen Leitungs- und externen Aufsichtsgremiums in ein gemischt besetztes „Unitary Board“. Darin vertreten sind BBC-Direktoren und öffentlich berufene sowie von der Regierung ernannte Persönlichkeiten, die das gesamte Handeln der BBC im Sinne des öffentlichen Interesses absichern sollen. Externe Regulierungseinrichtung wird die Medienund Telekommunikationsbehörde Ofcom. Beachtenswert sind auch die inhaltlichen Leitlinien. Da ist etwa die Rede von einer stärkeren, quotenunabhängigen Beachtung „bisher unterversorgter Publika“ wie gesellschaftliche Minderheiten oder Bewohner entlegenerer Regionen.

Neben der finanziellen und inhaltlichen Zukunftsfähigkeit wird auch der technischen Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Rechnung getragen. Der Ausbau des erfolgreichen BBC iPlayers und Live iPlayers oder die Weiterentwicklung von Online-Nachrichtenangeboten mit besonderem Augenmerk auf mobile Ausspielwege seien hier beispielhaft genannt.

Die erneuerte Royal Charter bietet Denkansätze und ist an vielen Stellen vorbildlich, insbesondere im Hinblick auf die längerfristige finanzielle Absicherung. Diese eröffnet der BBC die Möglichkeit, heute und in Zukunft allen gesellschaftlichen Gruppierungen auf allen relevanten Ausspielwegen ein qualitativ hochwertiges Programm anzubieten und damit ein wichtiger Bestandteil des demokratischen Meinungsbildungsprozesses zu bleiben. Hier bieten sich Anknüpfungspunkte für die Weiterentwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland. Ich freue mich über die breite gesellschaftliche Akzeptanz für das britische, auch weit über die Landesgrenzen hinaus einflussreiche öffentlich-rechtliche Medienhaus. In vier Jahren wird die BBC 100 Jahre alt – und ist für die Zukunft gut gewappnet.

Manfred Krupp

MP 2/2018, S. 45

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