Mediales Repräsentationsgefühl in der Bevölkerung
Analyse nach politisch-kommunikativen Milieus
In modernen Demokratien haben Massenmedien unter anderem die Aufgabe, unterschiedliche Interessen und Meinungen in der Gesellschaft angemessen abzubilden. In den letzten Jahren wurde häufiger kritisch vorgebracht, dass in den Medien ein einseitiger Meinungskonsens der etablierten Parteien widergespiegelt werde und die Meinungen großer Teile der Bevölkerung nicht repräsentiert seien. Die vorliegende Untersuchung geht der Frage nach, ob die normativen Leistungsansprüche an Massenmedien tatsächlich nicht mehr zufriedenstellend erfüllt werden und ob sich eventuelle „Repräsentationslücken“ auch durch unterschiedliche Lebenswelten von Bevölkerungsgruppen erklären lassen.
In einer Onlinebefragung von knapp 1 500 wahlberechtigten Erwachsenen wurde das mediale Repräsentationsgefühl in der Bevölkerung untersucht. Aus den vorliegenden Befunden lässt sich grundsätzlich keine bevölkerungsweite mediale Repräsentationslücke ausmachen. Das mediale Repräsentationsgefühl unterscheidet sich allerdings deutlich bei politiknahen und politikfernen Milieus. Mit einem zunehmenden Entfremdungsgefühl von der Politik oder einem abnehmenden Vertrauen in die eigene politische Kompetenz sinkt auch die Wahrnehmung medialer Repräsentation.
Einzelne Milieus, wie die Konkurrenzorientierten Rechten, die Wenig Interessierten oder die PrekärDistanzierten, sehen ihre Positionen in den etablierten Medien nicht vertreten und zeigen Tendenzen zur medialen Abschottung und Abkopplung. Abschottung meint dabei eine Hinwendung zu inhaltlich einseitigen Angeboten (am Rande des politischen Spektrums) und Kommunikationsnetzwerken (interpersonal sowie Online), in denen die eigene Weltanschauung vorrangig bestätigt wird. Abkopplung bedeutet eine Abwendung von Politikinhalten in den Medien.
Milieuübergreifend zeigen weiterhin vor allem die Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks eine Breitenwirkung, was die Nutzungsintensität sowie die Wahrnehmung medialer Repräsentation anbelangt. Sie erreichen ein breites Publikum – dies gilt auch für die Milieus, in denen die grundsätzliche Repräsentationswahrnehmung vergleichsweise gering ist.
MP 3/2018, S. 118-127
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