Heft 10

Jürgen Burggraf/Christine Gerlach/Jan Wiesner

Europäische Medienregulierung im Spannungsfeld zwischen EU- und mitgliedstaatlicher Kompetenz

Eine Bilanz nach fast fünf Jahren digitaler Binnenmarktstrategie der EU

Das seit 2015 von der Europäische Kommission verfolgte Arbeitsprogramm im Bereich der digitalen Wirtschaft sollte zur Überwindung der Wirtschafts- und Finanzkrise beitragen, die unterschiedlichen Bereiche der digitalen Wirtschaft wettbewerbsfähiger machen und damit Wirtschaftswachstum und Beschäftigung fördern. Wichtige Bereiche neuer Regelungen sind unter anderen die AVMD-Richtlinie, das Urheberrecht, das Telekommunikationsrecht und der Datenschutz.

Die AVMD-Richtlinie ist einer maßvollen Anpassung an veränderte Bedingungen unterzogen worden. Mit der Aufnahme von Video-Sharingplattformen in das Regelwerk wurde ein wichtiger Schritt zu einer konvergenten Regulierung gemacht. Darüber hinaus wurden die Regeln für lineare und nicht-lineare audiovisuelle Mediendienste weiter angeglichen. Im Bereich der Werbung gab es Änderungen bei den quantitativen Regeln.

Die Diskussionen über Reformen im Bereich des Urheberrechts waren von einer beispiellosen Medien- und Lobbykampagne begleitet. Über das von der Europäischen Kommission vorgelegte Modernisierungspaket gibt es nach wie vor keine endgültige Einigung.

Im Telekommunikationssektor verfolgt die Kommission mit ihrem Vorschlag für einen neuen Kommunikationskodex unter anderem die Ziele, einen echten europäischen Binnenmarkt für Telekommunikationsnetze und -dienste zu schaffen, Konnektivität in der „europäischen Gigabit-Gesellschaft“ zu ermöglichen sowie eine Stärkung der Investitionen in Auf- und Ausbau der Netze zu bewirken.

Im Mai 2018 ist nach jahrelangen zähen Verhandlungen die EU-Datenschutz-Grundverordnung in Kraft getreten. Ob es in der laufenden Legislaturperiode zu einer Einigung zwischen Mitgliedstaaten und Parlament über die ebenfalls für Medien relevante ePrivacy-Verordnung kommen wird, ist nicht absehbar.

Insgesamt standen die zurückliegenden fünf Jahre digitaler Binnenmarktstrategie unter der Prämisse der behutsamen Erneuerung. Angesichts rasanter technologischer, ökonomischer, medialer oder konsumtiver Veränderungsprozesse und auch aufgrund gesellschaftspolitischer Umbrüche stellt sich die Frage, ob dieser evolutionäre Ansatz auf Dauer zu halten sein wird.
 

MP 10/2018, S. 496-510



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