Auswirkungen von Echokammern auf den Prozess der Meinungsbildung
Der Begriff Echokammer steht für das Phänomen, dass Mediennutzer hauptsächlich Informationen rezipieren, die ihre eigenen Ansichten unterstützen. Argumente, die der eigenen Meinung nicht entsprechen, werden dagegen kaum beachtet. Dadurch entstehen partiell geschlossene Netzwerke, in denen sich stark polarisierende Meinungen entwickeln können. Die Folge ist eine Fragmentierung und Extremisierung der politischen Debatte. Dieses Phänomen findet sich überwiegend in der digitalen Kommunikation, insbesondere in sozialen Medien.
Psychologische Prozesse, wie eine starke einstellungskongruente Selektion von Informationen und Informationsquellen, die Bildung von Gruppenidentitäten und/oder die Furcht vor Isolation scheinen wichtige Bestandteile für die Bildung von Echokammern zu sein. Die Nutzung einstellungskongruenter Medienangebote führt dazu, dass Rezipienten glauben, die Mehrheit der Bevölkerung teile ihre Ansichten. Dadurch erhöht sich auch die Bereitschaft, sich politisch zu äußern. Es ist vor allem die Furcht vor sozialer Isolation, die Nutzer dazu bringt, Kommentare anderer Nutzer aufmerksamer wahrzunehmen und daraus Schlussfolgerungen über das Meinungsklima abzuleiten. Nutzer sind erst dann bereit, sich zu einem Thema zu äußern und in öffentlichen Diskussionen ihre Meinung zu teilen, wenn die Mehrheitsmeinung als kongruent zur eigenen Meinung eingeschätzt wird. Dass dies vor allem ein Phänomen digitaler Kommunikation ist, bestätigen Studien, die zeigen, dass in der persönlichen Face-to-Face-Kommunikation geringere Sanktionen für abweichende Meinungsäußerungen erwartet werden als im digitalen Kontext. So entstehen Netzwerke, in denen sich Nutzer mit denselben (gesellschafts-)politischen Ansichten und Meinungen konzentrieren. Insbesondere an den politischen Rändern bilden sich Echokammern oder Filterblasen, in denen die konstruktive Auseinandersetzung mit anderen Meinungen vermieden wird. Die Bildung von Echokammern wird jedoch nicht nur dadurch unterstützt, dass Nutzer nur mit Gleichgesinnten kommunizieren, denn ihre Meinung wird auch verstärkt, wenn sie mit starken gegenteiligen Meinungen konfrontiert werden. Forscher sprechen in diesem Zusammenhang von „Grabenkriegen“, die insbesondere bei bereits stark polarisierten Meinungen zu verhärteten Fronten führen. Echokammern führen somit dazu, dass sich der Meinungsaustausch argumentativ verhärtet und die Bereitschaft, sich öffentlich zu äußern abnimmt.
MP 2/2019, S. 82-85
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