Heft 5

Manfred Krupp

Editorial

Medienmacher stellen sich heute die eine Frage, hinter denen alle anderen zurückstehen: Wie schaffen wir es, die Menschen, die immer stärker ihr Nutzungsverhalten verändern, auch künftig zu erreichen? Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk formuliert sie sich noch etwas weiter aus: Wie schaffen wir es, mit unseren Angeboten auch weiterhin zur individuellen und öffentlichen Meinungsbildung und zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beitragen zu können?

Für den Hörfunk gilt, gut auffindbar mit Qualität dort präsent sein, wo die Hörerinnen und Hörer unterwegs sind und durch dialogische Ansprache auf vielfältigen Kontaktwegen eine emotionale Bindung zu schaffen. Zu diesem Schluss kommt die Studie „Erlebniswelt Radio“, die für die Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen die Nutzung und Interaktion mit ihrem Radioprogramm untersucht hat. Noch sind der ARD-Studie zufolge bekannte Radiomarken für junge Menschen mehr als nur ein Audiostream. Dass eine starke Onlinepräsenz mit Homepage, Livestream, App und Angebote über die Social-Media-Kanäle dafür schon heute unerlässlich sind, gehört ebenfalls zu den Ergebnissen dieser Studie.

Auch Influencern kommt laut der „Erlebniswelt Radio“-Studie in der jungen Zielgruppe eine große Bedeutung zu. Influencer genießen in den sozialen Medien bei ihren Followern ein hohes Ansehen. Sie machen nicht nur auf Produkte aufmerksam. Mit ihnen verbinden junge Menschen auch Spaß, Unterhaltung und Inspiration. Natürlich ist das für die Werbewirtschaft interessant. Popularität, Bekanntheit und Vertrautheit gehören laut ARD-Forschungsdienst, der die Werbewirkung von Influencern in den sozialen Netzwerken untersucht hat, zu den Erfolgsfaktoren.

Aus Erkenntnissen wie diesen ziehen auch Radiosender heute Konsequenzen: Moderatoren-Persönlichkeiten beispielsweise werden wieder wichtig. Sie werden zu Influencern ihres Programms, indem sie im Netz und in den sozialen Netzwerken präsent und über Messenger-Dienste wie WhatsApp direkt erreichbar sind.

Dinge, die gestern noch funktioniert haben, müssen morgen wieder in Frage gestellt werden, weil die Menschen Neues entdecken und ausprobieren und sie ihr Verhalten ändern. Die gewaltige Geschwindigkeit ist für uns Medienmacher die größte Herausforderung. Dass wir uns heute nicht mehr als Sender verstehen dürfen, sondern Teil der Lebenswelt unseren Nutzerinnen und Nutzern werden müssen, dieser Perspektivwechsel ist alternativlos.

MP 5/2019, S. 209

Zurück zur Übersicht