Heft 5

Nikolaus Jackob/Tanjev Schultz/Ilka Jakobs/Marc Ziegele/Oliver Quiring/Christian Schemer

Medienvertrauen im Zeitalter der Polarisierung

Mainzer Langzeitstudie Medienvertrauen 2018

Die fünfte Erhebungswelle der Mainzer Langzeitstudie Medienvertrauen befasst sich erneut mit der Frage: Schwindet in der Gesellschaft der Rückhalt für die etablierten Informationsmedien, stecken sie in einer schweren Vertrauenskrise? Im Oktober und November 2018 wurden bundesweit 1 200 Bürgerinnen und Bürger ab 18 Jahren in einer repräsentativen Telefonumfrage befragt. Die aktuellen Daten wurden erhoben, kurz bevor der Spiegel enthüllte, dass zahlreiche Artikel des Reporters Claas Relotius auf gefälschten Darstellungen beruhten. Wie in den bisherigen Wellen enthielt der Fragebogen Fragen zur Medien- und Internetnutzung, zu verschiedenen Mustern der Medienkritik, zum Vertrauen in unterschiedliche Medienangebote, zu politischen Einstellungen sowie zu soziodemografischen Merkmalen. Erstmals gestellt wurden Fragen zu themenspezifischem Medienvertrauen.

Die aktuellen Ergebnisse verdeutlichen, dass sich an der Hierarchie der Vertrauensobjekte nichts geändert hat. 65 Prozent der Bevölkerung vertrauen der Berichterstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Damit liegt er noch immer an der Spitze der verschiedenen Mediengattungen. Regionalzeitungen liegen mit 63 Prozent direkt dahinter und genießen vergleichsweise hohes Vertrauen. Das Vertrauen in Internetquellen war nach einem eklatanten Absturz im Vorjahr auch im Jahr 2018 gering: Nur 21 Prozent der Befragten vertrauten den Nachrichten auf Seiten von Suchmaschinen und nur 4 Prozent den Nachrichten in sozialen Netzwerken.

Das Medienvertrauen ist jedoch auch abhängig von Themen. Vor allem bei neuralgischen Themen, wie der Rolle des Islam in Deutschland oder den Folgen der Flüchtlingsmigration, wird den Medien zumindest von Teilen der Bevölkerung weiterhin größeres Misstrauen entgegengebracht. Insgesamt wird konstatiert, dass der Journalismus in Deutschland bisher nicht unter einer schweren allgemeinen Vertrauenskrise zu leiden scheint. Die Anzeichen für eine zunehmend zementierte Polarisierung sowie eine wachsende Entfremdung zwischen den traditionellen Medien und Teilgruppen der Gesellschaft sollten jedoch ernst genommen werden.

MP 5/2019, S. 210-220



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