Heft 6

Christian Zabel/Frank Lobigs

Barbarians at the Gates?

Ergebnisse einer Szenario-Analyse der Entwicklung des audiovisuellen Werbemarktes bis 2030

Die vorliegende Studie analysiert, wie sich die Audio- und Video-Werbemärkte bis zum Jahr 2030 entwickeln könnten, anhand von vier Szenarien. Dabei wurden die Teilmarktaggregate TV, Radio, Video digital und Audio digital berücksichtigt. Einfluss auf die Entwicklung wird der Dynamik der fortschreitenden Digitalisierung sowie dem Umfang regulatorischer Eingriffe in den Markt zugeschrieben, die wiederum mitentscheiden könnten, welche Rolle digitalen Großkonzernen im deutschen Markt zukommen wird. Im Szenario 1 („Small Steps“) vollzieht sich die Digitalisierung auf technologischer Ebene mit gebremster Dynamik. Sie wird marktseitig abgeschwächt durch regulatorische Eingriffe sowie durch die Widerstandsfähigkeit herkömmlicher Mediennutzungsmuster und Geschäftsmodelle, auch getrieben durch Kooperationen lokaler Player. Szenario 2 („Barbarians at the Gates“) ist geprägt durch ein ebenfalls moderates Digitalisierungstempo, bei gleichzeitig jedoch immer stärker werdender Wettbewerbsposition der großen internationalen Digitalkonzerne.

Im Szenario „Full Steam Ahead“ schafft eine schnelle Digitalisierung neue technische Möglichkeiten und große Veränderungen im Werbe- und Medienmarkt. Unter dem Konkurrenzdruck der digitalen Player gelingt es den traditionellen Medienunternehmen, ihre Produkte und Geschäftsmodelle erfolgreich zu adaptieren, ihre Kräfte synergetisch zu bündeln und so konkurrenzfähige digitale Angebote zu unterbreiten. Eine dynamische Durchsetzung neuer Technologien und Anwendungen kennzeichnet Szenario 4 („Things fall apart“). Es wird geprägt durch die Strategien und Angebote der globalen Digitalkonzerne, die das Wettbewerbsfeld zunehmend monopolisieren.

Aus Marktsicht gilt, dass sich die Szenarien mit starken und konkurrenzfähigen nationalen Anbietern besser darstellen als die Szenarien mit einer ökonomischen Übermacht der internationalen Internetgiganten. Sowohl aus Branchen- wie auch aus medienpolitischer Sicht sollte die vorrangige strategische Leitlinie darin bestehen, den starken Wettbewerbsdruck durch die großen internationalen Digitalplayer effektiv einzugrenzen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk könnte als ein kooperativer „market strengthener“ dienen, der die heimischen Privatanbieter komplementiert und das System insgesamt zugunsten auch der privaten lokalen Unternehmen stärkt.

 

MP 6/2020, S. 306-321



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