Heft 7-8

Manfred Krupp

Editorial

Wer schaut die linearen TV-Programme? Wer nutzt wann und wo die Hörfunkwellen? Und wie kommen unsere Internetangebote bei der jungen Zielgruppe an? Die „ARD/ZDF-Massenkommunikation Langzeitstudie“ erlaubt in diesem Jahr einen doppelten Blick auf die Veränderungen bei der Mediennutzung. Neben den langfristigen Trends – immerhin gibt es die Untersuchung seit 1964 – zeigt sie, wie sich ein einschneidendes Ereignis wie eine Viruspandemie auf die Mediennutzung auswirkt: Der Erhebungszeitraum fiel teilweise mit den  coronabedingten Einschränkungen zusammen.

Das lineare Fernsehen hat davon profitiert, dass die Menschen auf der Suche nach seriösen Informationen und Unterhaltung waren. Im Mai zum Beispiel sahen durchschnittlich 11,72 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer im Ersten und in den Dritten Programmen die Hauptausgabe der „Tagesschau“ um 20 Uhr. Das  entsprach einem Marktanteil von 40,1 Prozent. Die lineare Radionutzung dagegen ist zurückgegangen, weil sich der Alltag vieler Menschen verändert hat: Sie mussten beispielsweise nicht mehr mit dem Auto zur Arbeit fahren. Außerdem wurden Audio- und Video-Streamingdienste intensiver genutzt. Noch ist unklar, welche Veränderung von Dauer ist – die Studie macht deutlich, dass selbst eine Pandemie mit einem weitgehenden Stillstand des öffentlichen Lebens die grundsätzlichen Entwicklungen auf dem Medienmarkt nicht umkehrt.

Fernsehen und Radio sind zwar in der Gesamtbevölkerung nach wie vor die nutzungsstärksten Angebote, aber Medien können die Augen nicht davor verschließen, wie jüngere Menschen Inhalte  onsumieren: digital, jederzeit verfügbar und gerne parallel. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist hier in besonderer Weise gefordert, passende Angebote für alle zu machen.

Jeder vierte Einwohner Deutschlands hat heute einen Migrationshintergrund. Sie fordern von den Medien, differenziert über Einwanderung zu berichten und sich nicht auf negative Themen wie Kriminalität zu beschränken. Und sie wollen, dass die Vielfalt der Gesellschaft gezeigt wird. Zu Recht: Die Medien müssen eine Antwort auf diesen demografischen Wandel finden. Ein Weg dahin ist, dass auch die Medienhäuser vielfältiger werden. Mit einer diversen Belegschaft können sie die Menschen besser erreichen, und sie können Blickwinkel und Positionen einnehmen, die das Angebot authentischer und relevanter machen.

MP 8/2020, S. 389

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