Heft 4

Fabian Prochazka/Wolfgang Schweiger

Vertrauen in Journalismus in Deutschland: Eine Typologie der Skeptiker

Erwartungen an Medien und die Wahrnehmung ihrer Umsetzung

Das Vertrauen in journalistische Angebote und deren Qualitätsmerkmale sind mit Blick auf den digitalen Strukturwandel ein anhaltend relevantes Forschungsfeld. In einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördertem Projekt wurden Formen und Ursachen von Vertrauen in den Journalismus untersucht. Im Fokus standen insbesondere diejenigen Bevölkerungsgruppen, die dem Medienangebot skeptisch gegenüberstehen und Zweifel an dessen Qualitätsstandard haben In einer repräsentativen Onlinebefragung wurden 936 Personen zu ihrem Vertrauen in den Journalismus, den Erwartungen an journalistische Medien, zur Wahrnehmung ihrer Qualität sowie zu ihrer Nachrichtennutzung befragt.

Es zeigt sich, dass journalistische Medien nach wie vor hohes Vertrauen entgegengebracht wird, sich allerdings auch eine große Gruppe mit geringem Vertrauen in den Journalismus entwickelt hat. Unterschieden wird zwischen drei Typen von Skeptikern: Erstens „Enttäuschte Journalismus-Idealisten“, die über umfangreiches Hintergrundwissen zum Journalismus verfügen und große Erwartungen an die Medien hegen. Gleichzeitig haben sie aber eine eher geringe Meinung von seiner Qualität und Unabhängigkeit. Die „Diffus Medienskeptischen“ sind von der Politik enttäuscht und sehen Medien häufig als Teil einer Verschwörung. Der Typ der „Abgehängten Skeptiker“ will keinen Kontakt zum politisch-medialen Geschehen und hat keine Erwartungen an den Journalismus.

Wenig deutet allerdings darauf hin, dass sich weite Teile medienskeptischer Milieus gänzlich vom Journalismus abkoppeln. Alle Medienskeptiker nutzen nach wie vor überwiegend journalistische Medien, um sich zu informieren. Nur die Enttäuschten Journalismus- Idealisten mit hoher Bildung und hohem Interesse an Nachrichten nutzen besonders intensiv nicht-journalistische Informationsquellen im Internet und suchen auch aktiv danach.

Da das Wissen über journalistisches Arbeiten sowie dessen Rahmenbedingungen mit höherem Medienvertrauen korreliert, bieten sich Ansatzpunkte, medienskeptische Entwicklungen durch Transparenzinitiativen abzufedern.

 

MP 4/2020, S. 196-206



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