Editorial
„Ohne Vertrauen in öffentliche Kommunikation, in die kommunizierten Inhalte und die Institutionen, die diese Inhalte verbreiten, ist eine demokratische Willensbildung nicht möglich,“ so begründete das Forscherteam der Universitäten Mainz und Düsseldorf die Relevanz ihrer „Mainzer Langzeitstudie Medienvertrauen“, die seit 2015 erhoben wird. „Lügenpresse“-Vorwürfe und Verschwörungstheorien waren damals Anstoß für die Studie. Die aktuellen Ergebnisse spiegeln die Veränderungen durch die Corona-Pandemie. Sie zeigen: Es ist den etablierten Medien 2020 gelungen, als Orientierungspunkt zu dienen und die Menschen mit Informationen zu versorgen, die von einer Mehrheit als vertrauenswürdig eingeschätzt wurden. Allgemeiner Medienzynismus und Verschwörungsglauben nahmen ab. Die öffentlich-rechtlichen Angebote konnten als einzige Mediengattung deutlich an Reichweite zulegen und werden von 70 Prozent der Befragten als vertrauenswürdig beurteilt.
Das sind gute Nachrichten, denn Menschen wählen ihre Informationsquellen gerade in Krisenzeiten sehr bewusst. Darin steckt allerdings auch eine große Herausforderung. Die Nutzungszahlen der digitalen Angebote des Hessischen Rundfunks beispielsweise verzeichnen für 2020 gegenüber 2019 einen Zuwachs von 46 Prozent. Ein Gutteil davon geht auf das Konto der Informationskanäle der „hessenschau“. Der Medienwandel hin zum Digitalen, von dem seit Jahren die Rede ist, hat durch Corona einen enormen Schub bekommen. Wie gelingt es dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wie gelingt es den etablierten Medien allgemein, nun im Digitalen dauerhaft attraktiv zu bleiben, speziell auch für jüngere Nutzerinnen und Nutzer?
Für die öffentlich-rechtlichen Sender sind die Mediatheken hier ein wichtiger Baustein. Die aktuelle Untersuchung „Tendenzen im Zuschauerverhalten“ zeigt für das Jahr 2020, dass der Fernsehkonsum der Zuschauer und Zuschauerinnen ab 40 Jahren im vergangenen Jahr konstant geblieben ist. Nachrichten und Sondersendungen zur Corona-Pandemie erreichten hohe Einschaltquoten, andere Genres wie Sport und Unterhaltung verzeichneten dagegen Rückgänge. Bei Jüngeren konnte selbst Corona nicht verhindern, dass die linearen Fernsehzeiten weiter sanken. Mediatheken wurden zwar zunehmend genutzt, besonders fiktionale Inhalte. Aber auch hier gilt wie im Digitalen: Die Mediathek wird nur erfolgreich sein, wenn wir sie weiter als eigenständiges Medium aufbauen. Und wenn wir uns weiterhin konsequent an den Bedürfnissen unseres Publikums orientieren.
MP 3/2021, S. 137
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