Heft 5

Manfred Krupp

Editorial

Lange Zeit konnten Medienmacher darauf setzen, dass heute 40-Jährige in 20 Jahren in eine Mediennutzung hineinwachsen, ungefähr vergleichbar denen der heute 60-Jährigen. Wie viel Fernsehen geschaut oder Radio gehört wird, war maßgeblich auch eine Frage des Alters bzw. der jeweiligen Lebensphase. Es sieht so aus, als könne man darauf nicht mehr uneingeschränkt bauen. Seit 1964 erforscht die ARD/ ZDF-Massenkommunikation Langzeitstudie den Medienkonsum der Bevölkerung in Deutschland. Über Jahrzehnte hinweg betrachtet sie neben den Alterseffekten auch die sogenannten Kohorteneffekte: Charakteristika in der Mediennutzung, die an der Zugehörigkeit zu einer Generation festzumachen sind und die auch beim Älterwerden erhalten bleiben.

Die aktuelle Auswertung der Generationenprofile zeigt, dass die jüngste Generation der ab dem Jahr 2000 Geborenen erstmals – nicht zuletzt durch paralleles Nutzen von Internetangeboten – Medien mehr Zeit widmen als selbst die älteren Altersgruppen. Sie haben darüber hinaus den höchsten Bewegtbildkonsum aller Generationen im Jugendalter und sind die videoaffinste Generation.

Galten schon die Millennial-Generationen als „Digital Natives“, obwohl sie im Teenager- und jungen Erwachsenenalter mit unter drei Stunden pro Tag das Internet noch vergleichsweise moderat nutzten, hat der Begriff für die jüngste Generation der 2000er-Jahrgänge noch eine viel weitergehende Bedeutung: Smartphones und andere vernetzte Geräte sind bei ihnen so allgegenwärtig, dass sie mit täglich über sieben Stunden privater Internetnutzung im Teenageralter in die Analyse einsteigen. Dies ist mehr als ein Wandel in der Mediennutzung, es sieht so aus als veränderte sich die komplette Alltagsgestaltung kommender Generationen.

Für etablierte Medienhäuser kann das eine Chance sein. Mit Geräten, die zu jeder Zeit an jedem Ort präsent sind, ist diese Generation so gut wie keine vor ihr mit maßgeschneiderten Inhalten zu erreichen. Es macht aber auch deutlich, wie wichtig es ist, dieser Herausforderung zu begegnen. Dass sich jüngere Generationen seit 2010 wieder stärker an die öffentlich- rechtlichen Angebote gebunden fühlen als dies in vorherigen Jahrzehnten der Fall war, ist in dem Zusammenhang ein ermutigendes Ergebnis der Studie und sollte zusätzlicher Ansporn sein.

 

MP 5/2021, S. 269

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