Heft 7-8

Bernhard Kessler/Julia Langer

Co-Viewing – Wer schaut was mit wem?

Konstellationen der Fernsehnutzung – Sonderanalysen auf Basis des AGF-Bewegtbildpanels

Das Fernsehgerät mit seinen inzwischen vielfältigen Funktionen bleibt – trotz aller Veränderungen bei der Bewegtbildnutzung – eine Konstante in vielen deutschen Haushalten. Entscheidend für die Wirkung ist aber nicht nur, was im Fernsehen gesehen wird, sondern auch, was vor dem Fernsehgerät passiert und wer mit wem fernsieht. Werden Sendungen in Gemeinschaft genutzt, ergeben sich spezifisch andere Rezeptionswirkungen und Gelegenheiten für eine Anschlusskommunikation, die sich wiederum auf die Weiterverarbeitung des Programminhalts oder die Werbewahrnehmung auswirken.

Fernsehnutzung verbindet nach wie vor, das zeigt die vorliegende Konstellationsanalyse auf Basis des AGF-Bewegtbildpanels. Es gibt immer noch Inhalte, denen es gelingt, das viel beschworene „Lagerfeuer“ zu entzünden. Gerade auch die Corona-Zeit hat dafür gesorgt, dass die Menschen mehr Zeit mit Fernsehinhalten verbracht haben und dabei auch das gemeinsame Erlebnis Fernsehen wieder an Bedeutung gewonnen hat. 2021 fanden 37 Prozent der gesamten Fernsehnutzung in Gemeinschaft statt. In Mehrpersonenhaushalten sogar 55 Prozent. Die individuelle Fernsehnutzung nimmt dagegen in absoluten Zahlen ab.

Vor dem TV-Gerät finden sich Menschen in verschiedenen Konstellationen zusammen, um Inhalte gemeinsam zu nutzen. Co-Viewing findet dabei eher am Wochenende oder an Feiertagen und am häufigsten in der Primetime statt. Vor allem Shows, Filme, Sport und Nachrichten werden gemeinsam gesehen. Unter den gemeinschaftlich genutzten Sendern haben Kindersender den höchsten Anteil – ganz vorne der KiKA von ARD und ZDF, mit einem Anteil von 58 Prozent Co-Viewing. Darüber hinaus sind es vor allem die öffentlich-rechtlichen Hauptprogramme Das Erste und ZDF sowie RTL und die ARD-Dritten, bei denen die Nutzung häufig in Gesellschaft stattfindet.

Es erscheint sinnvoll, die Effekte gemeinschaftlicher Fernsehnutzung im Rezeptionsprozess weiterhin zu beachten, um daraus wertvolle Erkenntnisse für Formatentwicklung, Programmstrategie und die Verteilung von Werbebudgets zu ziehen.

MP 8/2022, S. 375-388



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