Heft 3

Florian Hager

Editorial

Wie wichtig – und wie gefährdet – freier Rundfunk und Pressefreiheit in Krisen- und Kriegszeiten sind, wird in diesen Tagen wieder besonders deutlich. Die von Wladimir Putin kürzlich verschärften Gesetze haben sämtliche Medien in Russland beschnitten oder einige gleich ganz verstummen lassen. Was bleibt, ist weitgehend Propaganda. Das erinnert noch einmal daran, warum in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg der föderal organisierte, unabhängige öffentlich-rechtliche Rundfunk verankert wurde. Auch die europäische Medienpolitik hat nach den ungarischen Mediengesetzen Victor Orbáns von 2010 ihre Handlungsmöglichkeiten erweitert, um EUweit intervenieren zu können. Medienfreiheit und Medienpluralismus sind in der Grundrechtecharta festgeschrieben. Sie werden von der EU-Kommission als zu schützendes öffentliches Gut betrachtet. 2019 wurde eine Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern verabschiedet, 2021 eine zum Schutz von Journalistinnen und Journalisten vor Einschüchterungsklagen. Das Europäische Parlament fordert eine adäquate und von politischen Interessen unbeeinflusste Finanzierung öffentlich-rechtlicher Medien und unabhängige Aufsichtsinstitutionen. Für kritische, unabhängige, vielstimmige und sauber recherchierte Berichterstattung braucht es starke Absicherung, keine Schönwetter-Konstruktionen.

Dass in Krisenzeiten Menschen sehr gezielt Informationen bei vertrauenswürdigen Medien suchen, spiegelt die Studie zu Nutzungsgewohnheiten und Reichweiten im Jahr 2021. Auch im Jahr zwei der Corona-Pandemie deckte das TV-Publikum sein gestiegenes Informationsbedürfnis weitgehend bei öffentlich-rechtlichen Sendern. Dass das Publikum uns in solchen Ausnahmezeiten sein Vertrauen ausspricht, ist das eine. Unser Ziel muss es sein, auch darüber hinaus für die Menschen unverzichtbar zu sein. Ich habe mein Amt als Intendant des Hessischen Rundfunks und damit auch als Herausgeber der Media Perspektiven zum 1. März angetreten, um mit dafür zu sorgen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk die wichtigste Anlaufstelle für alle bleibt, die vertrauenswürdige Nachrichten suchen – egal, ob in Fernsehen, Radio, Internet oder auf Social Media.

MP 3/2022, S. 91

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