Heft 9

Florian Hager

Editorial

Dass On-Demand- und Streamingangebote immer beliebter werden, ist längst keine Überraschung mehr. Spannend wird aber der Blick auf die Altersverteilung bei dieser und anderen Entwicklungen, der von der Studie ARD/ZDF-Massenkommunikation Trends möglich gemacht wird. So zeigt sich, dass auch ab 50-jährige Nutzerinnen und Nutzer Video- Streamingdienste und Mediatheken zunehmend in ihren Alltag integrieren, und die 14- bis 29-Jährigen sind erstmals in der Studienreihe die Altersgruppe mit der höchsten täglichen Videoreichweite. Bei ihnen überkompensieren digitale Angebote – von Streaminganbietern bis hin zu Sozialen Medien – die vorhandenen linearen Verluste. Die Zeiten, bei denen das lineare Fernsehen entscheidend für eine hohe Tagesreichweite beim Bewegtbild war, scheinen im jüngsten Publikumssegment vorbei zu sein.

Die Streamingdienste füllen für die Jüngeren offenbar auch eine inhaltliche Angebotslücke. Dem müssen sich die klassischen Medienanbieter und allen voran der von allen finanzierte öffentlich-rechtliche Rundfunk stellen. Dabei kann er auf eine breite Wertschätzung in der Bevölkerung bauen: Mehr als 80 Prozent der Befragten schätzen den Beitrag, den die Öffentlich-Rechtlichen für die Gesellschaft leisten, und das über die Generationen hinweg. Fast ebenso viele schreiben ihnen Glaubwürdigkeit und journalistische Kompetenz zu. Beim Blick auf den persönlichen Mehrwert, den die Befragten den verschiedenen Angeboten zuschreiben, zeigt sich aber der Handlungsbedarf: Je jünger die Befragten sind, desto geringer fällt diese Bewertung aus. Zwar gibt auch beim jungen Publikum eine Mehrheit von 57 Prozent an, einen persönlichen Mehrwert aus den öffentlichrechtlichen Programmen zu ziehen. Allerdings bewerten gerade junge Menschen den persönlichen Nutzen der non-linearen Angebote von Streamingdiensten, Videoportalen und auch von Sozialen Medien höher als den des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Ein gemeinschaftlich finanziertes Angebot kann sich damit nicht zufriedengeben. Hier sehe ich deutlichen Handlungsbedarf.

MP 9/2022, S. 413

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