Öffentlich-rechtlicher Rundfunk und demokratische Qualität in Europa
Ergebnisse der EBU-Studie Public Service Media and Democracy
International vergleichende Indizes haben zuletzt einen globalen Rückgang demokratischer Freiheiten konstatiert, darunter auch in europäischen Ländern wie Ungarn, Polen, Serbien, Slowenien oder der Tschechischen Republik. Mit dieser Entwicklung stellt sich die Frage nach der Bedeutung der Medien für die Demokratie: Wie kann Medien- und Meinungspluralismus in der EU sichergestellt werden? Welchen Beitrag können sie zum Demokratieverständnis leisten und so Demokratien stabilisieren? Die öffentlich-rechtlichen Medien spielen hierbei eine besondere Rolle, da ihr gesetzlicher Auftrag üblicherweise auch ihren Beitrag zum (demokratischen) Gemeinwesen betont.
Vor diesem Hintergrund hat die European Broadcasting Union (EBU) den Report „Democracy and Public Service Media“ veröffentlicht. Die Studie setzt mittels Korrelationsanalysen Kennzahlen zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf Länderebene mit demokratiebezogenen Indikatoren ins Verhältnis. Es wurde angenommen, dass ausreichend finanzierte und von den Bürgern als glaubwürdig und unabhängig geschätzte öffentliche Medien ihrem Auftrag besser nachkommen können. Weiter wurde vermutet, dass Input und Impact des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im positiven Zusammenhang stehen zu Einstellungen und Haltungen der Bevölkerung. Zudem wurde angenommen, dass starke Öffentlich-Rechtliche sich positiv auf das Vertrauen in Nachrichten, die Wahrnehmung von Meinungsvielfalt sowie die Sorge vor „Fake News“ auswirken.
Die Studie zeigt zahlreiche Zusammenhänge zwischen der Stärke des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und Kennzahlen demokratischer Qualität. Die Ergebnisse der Analyse stützen diese Annahmen grundsätzlich. Statistisch signifikante Korrelationen mit der Stärke des öffentlich-rechtlichen Systems bestehen für alle drei hier gewählten Teilbereiche demokratischer Qualität: für die Situation der Demokratie ebenso wie auf der Ebene von Einstellungen der Bevölkerung und mit Blick auf die Qualität des Mediensystems.
Aber auch umgekehrte Kausalzusammenhänge sind möglich: Starke Demokratien investieren tendenziell mehr in „ihren“ öffentlich-rechtlichen Rundfunk und sind eher geneigt, dessen Unabhängigkeit zu garantieren, wodurch er zu einem von der Bevölkerung anerkannten und führenden Player am Medienmarkt wird und für glaubwürdiger und unabhängiger gehalten wird.
MP 5/2022, S. 265-276
- Download Volltext 2 MB, pdf
Zurück zur Übersicht