MP 5/2023: Tendenzen im Zuschauerverhalten

Denise Haddad/Thomas Kupferschmitt/Camille Zubayr

Tendenzen im Zuschauerverhalten

Nutzungsgewohnheiten und Reichweiten im Jahr 2022

Kurz und Knapp

  • Im Jahr 2022 wurde das lineare Fernsehen pro Person und Tag in Deutschland 195 Minuten genutzt.
  • Die Zuschauermagneten waren Informationssendungen und Nachrichten, Sport, Showunterhaltung und Fiction.
  • Der Konsum von Bewegtbildinhalten verteilt sich verstärkt auf verschiedene Plattformen und Anbieter.
  • Auch ältere Menschen entdecken zunehmend Bewegtbildangebote im Onlinebereich.
  • Für TV-Anbieter gilt es daher, auf Mediatheken und Drittplattformen präsent zu sein.

Fernsehkonsum auf hohem Niveau, aber unterhalb des Vorjahres

Im Jahr 2022 wurde bei Personen ab drei Jahren eine tägliche TV-Sehdauer von 195 Minuten gemessen. Im langfristigen Vergleich stellt dies immer noch ein recht hohes Nutzungsniveau dar. Im Vergleich zum noch von den Effekten der Corona-Pandemie geprägten Vorjahr war die TV-Sehdauer aber sowohl bei jüngeren als auch bei älteren Bevölkerungsgruppen wieder rückläufig.

Zuschauermagnete in mehreren Programmsparten

Im nachrichtenstarken Jahr 2022 blieben Informations- und Nachrichtensendungen als eine der Kernkompetenzen des Fernsehens weiterhin reichweitenstark. Nach wie vor ist die „Tagesschau“ die meistgesehene Nachrichtensendung. Die Nutzung der großen Sportevents der Olympischen Winterspiele und der Fußball-Weltmeisterschaft blieb -- offenkundig auch wegen der umstrittenen Austragungsorte -- hingegen hinter den Erwartungen zurück. Das Gegenteil galt für die Fußball-Europameisterschaft der Frauen, die durch das starke Abschneiden der deutschen Mannschaft die meistgesehene Fernsehsendung des Jahres hervorbrachte. Zuschauermagneten im Fernsehen blieben die starken Marken aus der Showunterhaltung und Fiction. Letztere sorgten auch als Abrufvideos in den Mediatheken für Spitzenwerte, während die Unterhaltungssendungen eher im linearen Programm verfolgt wurden.

Publikumsfragmentierung im Bewegtbildmarkt setzt sich fort

Nicht nur innerhalb des Fernsehmarktes hat sich die Fragmentierung des Publikums 2022 fortgesetzt. Auch beim Bewegtbildmarkt im weiteren Sinne verteilt sich insbesondere bei jüngeren Altersgruppen die Sehdauer auf eine Vielzahl verschiedener Plattformen und Anbieter. Auch wenn bei den Jüngeren die Anteile der Streamingdienste (nach starken Anstiegen während der Corona-Pandemie) zuletzt wieder etwas zurückgegangen sind, entdecken zunehmend auch die Älteren die Bewegtbildangebote im Onlinebereich. Trotz des Wachstums der Mediatheken in diesen Altersgruppen blieb es auch 2022 dabei, dass dadurch die Sehdauerrückgänge im linearen Fernsehen nur in Teilen kompensiert werden konnten.

Präsenz auf Drittplattformen für TV-Anbieter relevant

Somit gilt es für die TV-Anbieter, mit ihren Inhalten auch auf Drittplattformen wie YouTube und Social-Media-Angeboten präsent zu sein -- sei es mit speziell zugeschnittenen Angeboten aus dem Fernsehen bekannter Programme oder eigener Kanäle wie bei funk. Daneben müssen aber auch die Anstrengungen intensiviert werden, das Programmportfolio der Mediatheken zu erweitern. Speziell die Öffentlich-Rechtlichen stehen dabei vor der Herausforderung, ihr bestehendes, aber im linearen Fernsehen meist älteres Publikum auch über die Mediatheken abzuholen und gleichzeitig Zielgruppen mit neuen Programmfarben zu erschließen, die diese derzeit eher bei Streamingdiensten oder YouTube suchen und finden. Für die kommerziellen Fernsehanbieter sind die Herausforderungen nicht weniger immens.

 



Zurück zur Übersicht