Entwicklungen im russischen Medienmarkt
Rundfunk und Presse zwischen staatlicher Kontrolle, wirtschaftlicher Krise und Konzentration
Auch mehrere Jahre nach dem Ende der Sowjetunion ist die Situation der Medien in Rußland noch sehr unübersichtlich und nicht ohne Probleme. An erster Stelle steht dabei die wirtschaftliche Krise, die sowohl Zeitungen als auch Hörfunk- und Fernsehsender am Rande der wirtschaftlichen Überlebensfähigkeit existieren läßt. Die angestammten (Partei-)Tageszeitungen erlitten zum Teil drastische Auflageneinbrüche, die vom noch unterentwickelten Printwerbemarkt nicht kompensiert werden können. Die Provinzpresse hat inzwischen etwas besser Tritt gefaßt, sie kommt der zunehmend apolitischen Leserschaft mit lokalen Servicethemen entgegen und sieht sich weniger mit den Distributionsproblemen des Riesenlandes konfrontiert. In den großen Städten erleben kostenlose Anzeigenblätter einen regelrechten Boom, so daß die Gesamtzahl der Zeitungstitel von 1989 bis 1994 von 2 270 auf etwa 12 000 gestiegen ist. Im Hörfunk dominieren weiterhin die staatlichen Sender, die wachsende Zahl kommerzieller Sender gewinnt jedoch in ihren meist lokalen/regionalen Verbreitungsgebieten zunehmend an Bedeutung. Auch im Fernsehsektor bleibt es vorerst bei der Vorherrschaft der drei nationalen ehemaligen Sowjetsender, die sich immer noch mehrheitlich in staatlicher Hand befinden. Von den kommerziellen Anbietern sind zur Zeit lediglich NTV und TV 6 mit einer technischen Reichweite von 100 Mio beziehungsweise 70 Mio Zuschauern von überregionaler Bedeutung. Ausländische Konzerne spielen in der russischen Medienlandschaft bislang nur eine untergeordnete Rolle, statt dessen wächst der Einfluß der russischen Großbanken und der Öl- und Gasindustrie. Mit ihrem Medienengagement verbinden die Konzerne und deren Leiter meist auch direkte politische Ambitionen. Auf der anderen Seite nutzen auch die staatlichen Instanzen weiterhin ihre administrativen Machtmittel zur Disziplinierung der Medien.
MP 7/1997, S. 391-399
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