Entwicklungen in der ungarischen Fernsehlandschaft
Aufbruch zu einem dualen Fernsehsystem
Nach der politischen Wende 1989 in Ungarn blieb das staatliche Fernsehen zunächst von grundlegenden Veränderungen verschont. Das Fernsehsystem war vielmehr in den Jahren nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes politischer Spielball der Parteien im sogenannten Medienkrieg. Durchgreifende Erneuerungen, wie die Privatisierung staatlicher Rundfunkfrequenzen, blieben bis zur Verabschiedung des Mediengesetzes durch das Parlament im Januar 1996 aus. Erst zu diesem Zeitpunkt setzte die Transformation des ungarischen Fernsehmarktes ein. Das bisher staatliche Fernsehen Magyar Televizeó wurde in eine öffentliche Rundfunkanstalt umgebaut, die nun von einer unabhängigen Stiftung betrieben wird. Zudem wurde durch die Vergabe von terrestrischen Frequenzen an zwei private Fernsehsender ein duales Mediensystem errichtet. Ferner wurde eine nationale Rundfunkkommission als oberstes Medienkontrollorgan ins Leben gerufen.
Seit November 1997 strahlen die beiden privaten Fernsehsender TV2 und RTL Klub landesweit (terrestrisch) ihr Programm aus und bestimmen seitdem den audiovisuellen Mediensektor mit. Insbesondere die steigenden Marktanteile der Privatsender - hervorzuheben ist hier die jüngere Publikumsgruppe der 18- bis 29jährigen, die sich von den privaten Programmangeboten angesprochen fühlt - haben sich auf den Werbemarkt ausgewirkt. Dies hatte zur Folge, daß bereits nach den ersten Sendewochen die größten werbungtreibenden Unternehmen die Zusammenarbeit mit den privaten Fernsehanbietern suchten.
Noch ist nicht abzusehen, welche weiteren Auswirkungen die Privatisierung auf den Fernsehmarkt in Ungarn haben wird. Doch mit fortschreitendem Ausbau eines dualen Fernsehsystems aus öffentlichen und privaten Anbietern und den zusätzlichen Veränderungen in der Verfassung nähert sich der ungarische Rundfunk weiter den westeuropäischen Medienordnungen an.
MP 2/1998, S. 87-92
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