Heft 2

Dieter K. Müller

Radiometer als optionales Instrument der Hörerschaftsforschung

Bringen passive elektronische Meßinstrumente Fortschritt oder Verwirrung?

Aufgrund der Entwicklung verschiedener Radiometergeräte, die wie bei der Fernsehnutzungsmessung eine elektronische Erfassung der Radionutzung erlauben, stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, die bewährten Erhebungsverfahren (Face-to-face-Befragung, diverse Diarytechniken, computerunterstützte Telefoninterviews) durch ein neues System zu ersetzen. Allerdings müssen hier stets die Besonderheiten des (europäischen) Radiomarktes beachtet werden, so zum Beispiel die weit höhere Anzahl von Radio- gegenüber Fernsehprogrammen, die umfassende Haushaltsausstattung mit Radiogeräten und die vor allem durch Autoradios hervorgerufene hohe Mobilität der Radionutzung. Die Messungen können folglich nicht stationär am Gerät, sondern müssen mobil an der Person erfolgen. Außerdem müssen alle Sender korrekt identifiziert werden, sämtliche Übertragungswege (terrestrisch: UKW, MW etc., Satellit, DAB) sind zu erfassen, das Gerät sollte eine praktikable Größe besitzen (z.B. als Armbanduhr), und die Kosten müssen vertretbar sein.

Zwar werden von einer technisch gemessenen Hörfunknutzung Vorteile erwartet, wie etwa eine von der Erinnerungsleistung unverzerrte Messung und genau quantifizierte Nutzungszeiten. Andererseits ist aber auch mit Unzulänglichkeiten zu rechnen: So werden bestimmte Nutzungsformen, wie Radiohören über Kopfhörer oder in Haushalten mit Kabelanschluß bzw. Satellitenempfang und die Autoradionutzung nicht oder nur unzureichend erfaßt. Bei einem Radiopanel wird es gegenüber den konventionellen Erhebungsmethoden zu erheblichen Stichprobenverzerrungen kommen. Ein gewichtiger Nachteil besteht auch darin, daß nicht zwischen bewußter und unbewußter Radionutzung unterschieden wird. Möglicherweise wird also nur gemessen, daß das Gerät eingeschaltet ist; keinesfalls ist sichergestellt, daß elektronisch gemessene Radiodaten der Realität näher kommen. Schließlich ist zu beachten, daß ein Radiometersystem nicht nur aus der Gerätetechnik, sondern auch aus einer umfangreichen Stichprobe, begleitender Befragung, Feldarbeit und Auswertungskonventionen besteht, die insgesamt auf ihre Tauglichkeit geprüft werden müssen.

MP 2/1998, S. 70-75



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