Heft 5

Udo Michael Krüger/Thomas Zapf-Schramm

Fernsehwahlkampf 1998 in Nachrichten und politischen Informationssendungen

Ergebnisse des ARD/ZDF-Wahlmonitors

Im Wahljahr 1998 mit vier Landtagswahlen und der Bundestagswahl hat das Fernsehen eine wichtige Rolle gespielt. Nach den Ergebnissen des ARD/ZDF-Wahlmonitors, der die Nachrichten und politischen Informationssendungen von ARD/Das Erste, ZDF, RTL, SAT.1 und ProSieben von März bis September 1998 analysierte, war jedoch keine Instrumentalisierung der Fernsehjournalisten durch die Parteien zu beobachten. Vielmehr orientierte sich die tagesaktuelle Politik- und Wahlberichterstattung in erster Linie an den Nachrichtenwerten der Ereignisse. Dem Instrumentalisierungsdruck der Parteien durch Pseudoereignisse und Umfrageergebnisse wurde wenig nachgegeben.

In der heißen Wahlkampfphase entschied sich nur RTL nach amerikanischem Vorbild für einen Selektions- und Präsentationsstil, der auch in der allgemeinen Politikberichterstattung ein Gleichgewicht zwischen den Kanzlerkandidaten herzustellen versuchte und nicht den üblichen Kanzlerbonus wiedergab. In der Summe der Nachrichtenbeiträge aller Programme hatte der Herausforderer Schröder insbesondere nach der Niedersachsenwahl und in der Schlußphase des Bundestagswahlkampfes ein günstigeres Themenumfeld als der amtierende Kanzler Kohl.

Der Fernsehwahlkampf 1998 fand schwerpunktmäßig in den politischen Informationssendungen außerhalb der tagesaktuellen Berichterstattung statt, wobei zwei Drittel des wahlrelevanten Informationsangebotes von ARD und ZDF stammten und die Sendungen dort auch nutzerfreundlicher plaziert waren. Der wesentliche Einfluß der Fernsehjounalisten fand auf der Ebene der Entscheidung über die Formen der Wahlsenungen statt. Gesprächsorientierte Formate - und damit kandidaten- und personenbezogene Informationsvermittlung - wurden gegenüber filmisch-berichtenden und analysierenden Sendungen bevorzugt, wodurch Politiker breiten Raum zur Selbstdarstellung erhielten und Amerikanisierungseffekte (Personalisierung, horse racing) begünstigt wurden. Alle Sender stellten dabei eine nahezu perfekte formale Ausgewogenheit in der Chancenverteilung der konkurrierenden Parteien und Kandidaten her.

MP 5/1999, S. 222-236



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