Heft 2

Birgid Rauen

Italien: Duopol RAI/Mediaset vor digitalen Herausforderungen

Markt- und ordnungspolitische Entwicklungen in der italienischen Fernsehlandschaft

Wie in anderen europäischen Ländern zeichnen sich in der italienischen Medienlandschaft Veränderungen durch die digitale Fernsehtechnik ab. Bislang beschränken sich diese auf den noch randständigen Pay-TV-Sektor, die Positionskämpfe um die besten Plätze in den erhofften Zukunftsmärkten dürften jedoch nicht ohne Auswirkungen auf das terrestrische Fernsehen bleiben. Derzeit empfangen fast 95 Prozent der Haushalte Fernsehen ausschließ- lich über terrestrische Frequenzen, Kabel- und Satellitenempfang spielen auch Ende der 90er Jahre nur eine marginale Rolle.

Die Kräfteverhältnisse zwischen den drei Programmen der öffentlich-rechtlichen RAI und den drei Fernsehkanälen des kommerziellen Gegenpols Mediaset (Berlusconi) haben sich in den letzten Jahren als relativ stabil erwiesen. Die RAI konnte seit Anfang der 90er Jahre ihre bis dahin rückläufigen Zuschauemarktanteile stabilisieren, seit 1995 ist RAI 1 wieder das meistgesehene Programm. Die Ambitionen des Medienunternehmers Vittorio Cecchi Gori, seine beiden Kanäle TMC 1 und 2 zu einem dritten Pol im italienischen Fernsehen auszubauen, sind hingegen mit einem Marktanteil von 2 bis 3 Prozent in den Anfängen steckengeblieben. Das Werbefernsehen kann wie in den Jahren zuvor den Löwenanteil von 56 Prozent der Gesamtwerbeeinnahmen für sich verbuchen, mit weitem Abstand vor der Presse (37 %).

Die seit 1996 regierende Linkskoalition versuchte - im Gegensatz zu den eher inaktiven Vorgängerregierungen - mit einem umfassenden Mediengesetz grundlegende ordnungspolitische Akzente zu setzen. Allerdings haben sich diese Bemühungen in weiten Teilen in den Mühlen des italienischen Gesetzgebungsprozesses verhakt und die bislang prägende Tendenz zu provisorischen Regelungen (und parteitaktischen Schachzügen) tritt wieder deutlich hervor. Die vom neuen Mediengesetz geschaffene und mit weitreichenden Kompetenzen ausgestattete unabhängige Medienbehörde (Autorità) hat unterdessen ihre Arbeit aufgenommen und erste Maßnahmen ergriffen.

Der italienische Pay-TV-Sektor ist im Jahre 1998 durch die Ambitionen verschiedener Akteure in Bewegung geraten. Die Telecom-Italia-Tochtergesellschaft Stream hat sich als Gegenpol zum bisherigen, von Canal Plus dominierten Alleinanbieter Telepiù positioniert. Während die RAI Ende 1998 eine Allianz mit Canal Plus einging, stand Murdoch kurz vor der Übernahme (80 %) von Stream. Ein Regierungsdekret, das den exklusiven Sportrechteerwerb begrenzt, hat die Strategie von Murdoch jedoch vorerst durchkreuzt. Hinter den Kulissen werden indessen neue Lösungsmodelle austariert, so daß die weitere Entwicklung im digitalen Pay TV in den kommenden Monaten noch einige überraschende Wendungen bieten könnte.

MP 2/1999, S. 82-88



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