Heft 9

Gerhard Neckermann

Kinobranche im Umbruch

Filmbesuch und Kinostruktur in Deutschland 1991 bis 1999

Die Kinobranche in Deutschland erfährt einen grundlegenden Wandel. Auf der Besucherebene müssen, wie bereits in den 90er Jahren geschehen, auch in Zukunft bevölkerungsbedingte Rückgänge in der Kernnutzerschaft des Kinos kompensiert und neues Besucherpotential erschlossen werden. Auf Betreiberebene prägen veränderte Marktstrukturen das Handeln. Nachdem der Markt für große Kinoneubauten weitgehend gesättigt ist und der Konkurrenzdruck steigt, versuchen vor allem börsennotierte Unternehmen durch Beteiligungen, Kooperationen und den Eintritt in ausländische Märkte weiter zu wachsen und die Ertragskraft zu steigern.

Im Filmjahr 1999 konnte das hohe Besuchsniveau des Vorjahres gehalten werden, obwohl ein außergewöhnlicher Erfolgsfilm wie "Titanic" fehlte. Das Filmangebot war 1999 so vielfältig wie nie zuvor. US-amerikanische Filme waren nicht mehr so stark vertreten wie im Vorjahr, dafür erlebten der deutsche und der britische Film einen Aufschwung.

Die nach Jahren der Stagnation seit Mitte der 90er Jahre wieder positive Besucherentwicklung geht wesentlich auf den Investitionsboom und entsprechenden Besucheranstieg in den neuen Bundesländern zurück. Weiterhin gehen die 20- bis 24-Jährigen an häufigsten ins Kino, die größte Besuchergruppe stellen jedoch die 30- bis 39-Jährigen. Von den ab 50-Jährigen gehen nur wenige ins Kino, diese dann jedoch recht häufig. Insgesamt wandelt sich mit der Veränderung der Alterspyramide auch die Alterszusammensetzung des Kinopublikums. Nach Berufsgruppen betrachtet sind Schüler, Studenten und Lehrlinge nach wie vor die eifrigsten Kinogänger, langfristig verschieben sich aber die Gewichte zugunsten der Angestellten und Rentner/Berufslosen.

Nachdem es nicht nur in fast allen großen Städten Multiplexe gibt, sondern an verschiedenen Orten ein Überangebot an Kinokapazität, hat sich der Wettbewerbsdruck auch für die Multiplexe erhöht, ist der erste Multiplexbetreiber in Konkurs gegangen. Der Zwang, Kooperationen zu bilden und finanzkräftige Partner zu suchen, fördert die zunehmenden Aktivitäten ausländischer Firmen auf dem deutschen Kinomarkt ebenso wie das verstärkte Auslandsengagement deutscher Unternehmen.

MP 9/2000, S. 406-413



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