Heft 10

Marcel Machill/Markus Beiler

Die Bedeutung des Internets für die journalistische Recherche

Multimethodenstudie zur Recherche von Journalisten bei Tageszeitung, Hörfunk, Fernsehen und Online

Das Internet hat einige offensichtliche Vorteile für die journalistische Arbeit: Es kann die Vorrecherche erleichtern, einfache Fakten können leicht kontrolliert werden, Informationen sind zeitlich und räumlich unbeschränkt verfügbar. Die Onlinerecherche birgt aber auch Risiken, insbesondere wenn auf Recherchemethoden außerhalb des Internets weitgehend verzichtet wird. Es besteht die Gefahr einer verzerrten Wirklichkeit.

Mit Hilfe eines Methodenmixes aus Beobachtung, Befragung und explorativem Experiment wurde in der vorliegenden Studie versucht, eine Forschungslücke zu füllen und einen qualitativen Einblick in den komplexen journalistischen Rechercheprozess zu gewinnen. Dabei wurden 13 computergestützte und neun nicht computergestützte Recherchemittel unterschieden. Insgesamt wurden 235 Journalisten bei 34 Medienangeboten (teilweise mit mehreren Redaktionen) beobachtet.

Die Beobachtung in den Redaktionen ergab, dass die computergestützte Recherche bezogen auf die Nutzungshäufigkeit einen größeren Anteil als die nicht computergestützte hat. Umgekehrt überwiegen die klassischen Recherchemittel bezüglich der Nutzungsdauer. Das Telefon ist zwar nach wie vor das wichtigste Recherchemittel. Suchmaschinen, insbesondere Google, dominieren aber bei der Ermittlung von Zusatzquellen. Dabei deutet das explorative Experiment auf eine nur mittelmäßige Suchmaschinenkompetenz von Journalisten hin. Anlass zur Sorge gibt die starke Selbstreferenzialität der Medien, etwa beim Beobachten der Nachrichten- und Themenlage, aber auch beim Einholen zusätzlicher Informationen. Nachdenklich stimmt, dass eine Überprüfungsrecherche selten stattfindet, die Validierung von Quellen im Grunde gar nicht. Eine Ausnahme machen nur die finanziell gut ausgestatteten und qualitativ anspruchsvollen öffentlich-rechtlichen Fernsehsender. Guter Journalismus hat also offensichtlich seinen Preis.

MP 10/2008, S. 516-531



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