ARD/ZDF-Massenkommunikation Langzeitstudie 2015

Zusammenfassung der Ergebnisse

Die Präsentation gibt einen Überblick über zentrale Ergebnisse der Studie. Befragt wurden Personen ab 14 Jahren. Wegen der besonderen Dynamik der Medienentwicklung sind im Folgenden insbesondere die 14- bis 29-Jährigen im Blick. Während bislang von den „Digital Natives“ gesprochen wurde, ist inzwischen eine neue Generation der „Mobile Natives“ nachgewachsen. Die Daten zur Entwicklung der Mediennutzung werden – dem Charakter der Studie entsprechend – im langfristigen Vergleich dargestellt.

Für die aktuelle Bestandsaufnahme der Mediennutzung 2015 wird die Rolle des Internets näher beleuchtet. Hierzu ist die Frage zu klären: Ist das Internet überhaupt ein Massenmedium im klassischen Sinn? Was ist davon Mediennutzung und was nicht?

Die Frage, warum die Medien genutzt werden, beschäftigt nicht nur die Medienforschung, sondern auch Verantwortliche in Medienunternehmen und in der Werbewirtschaft. Nutzungsmotive und Images spielen eine wichtige Rolle. Sie werden hier für die vier tagesaktuellen Medien Fernsehen, Radio, Tageszeitung und Internet dargestellt.

Es folgt ein Leistungsvergleich öffentlich-rechtlicher und privater Fernsehprogramme. Abschließend wird ein Szenario dargestellt, welche Aspekte für die Medien in der Zukunft relevant sind.

Entwicklung der Geräteausstattung

Grundlage für die Mediennutzung ist die Ausstattung mit Mediengeräten in den Haushalten.

Anlass für die erste Erhebungswelle der Studie Massenkommunikation im Jahr 1964 war die Wettbewerbsauseinandersetzung zwischen Print- und elektronischen Medien. Im Mittelpunkt der Untersuchung stand die Frage, ob ein neues Medium (damals das Fernsehen, das zu dieser Zeit in gut der Hälfte aller bundesdeutschen Haushalte verfügbar war, sich aber rasant verbreitete) die vorhandenen „alten“ Medien (insbes. die Zeitung) verdrängt oder sie lediglich ergänzt.

Seit Mitte der 1970er Jahre verfügen fast alle Haushalte über mindestens ein Radio- bzw. TV-Gerät. Bei Geräten zur Wiedergabe von Ton und Bewegtbild war die technologische Entwicklung z.T. so schnell, dass Zeitreihen für bestimmte Gerätetypen kaum über einen längeren Zeitraum fortgesetzt werden konnten (z.B. Kassetten- und Videorecorder). Deutlich abgenommen hat die Ausstattung mit stationären PCs, während Notebooks/Laptops/Netbooks und vor allem auch der Besitz von Smartphones in den vergangenen fünf Jahren stark angestiegen ist. Portabilität und Mobilität sind offensichtlich die aktuell bestimmenden Treiber der Medienentwicklung.

 

 

Insgesamt gesehen verfügen 100 Prozent der Haushalte über ein TV-fähiges Gerät (TV, PC, Laptop, Smartphone, Tablet), 96 Prozent über ein Radiogerät (einschl. Autoradio, Internet-/W-LAN- und DABplus-Radiogerät), 80 Prozent über ein Videogerät (DVD, Blu-ray, HD) und 83 Prozent über einen Computer (stationär, Laptop, Notebook, Netbook, Tablet).

Erstmals wurden 2015 die Haushaltsausstattung von Smart-TV (Internet via TV-Gerät), E-Book-Reader und SmartWatch abgefragt. Die zukünftige Verbreitung dieser neuen Geräte bleibt abzuwarten.

Mediennutzung

Ein Verdienst der Studie Massenkommunikation besteht darin, dass sie einen Gesamtwert für die Mediennutzung ausweist. Das Zeitbudget für Mediennutzung ist mit einer täglichen Mediennutzungsdauer von rund 9,5 Stunden auf einem sehr hohen Niveau im Vergleich zum Jahr 2010 annähernd stabil geblieben.

Während bis zum Jahr 1974 nur die drei Medien Fernsehen, Radio und Zeitung erhoben wurden, kamen ab 1980 Tonträger, Bücher und Zeitschriften sowie ab 1985 Video (später einschl. DVD) hinzu. Seit dem Jahr 2000 wird in der Studie auch das Internet abgefragt.

Die Angabe „brutto“ zeigt an, dass bei Nutzung mehrerer Medien in einer Viertelstunde diese auch mehrfach gezählt werden, d.h. einschließlich der Parallelnutzung.

 

 

Ein ähnliches Bild ergibt sich für die junge Zielgruppe. Das Medienzeitbudget der 14- bis 29-Jährigen lag nur im Jahr 2010 etwas unter dem der Gesamtbevölkerung und ist aktuell auf dem gleichen Niveau wie vor fünf Jahren.

 

 

Die tägliche Mediennutzungsdauer von rund 9,5 Stunden verteilt sich folgendermaßen auf die einzelnen Medien:

Fernsehen (208 Min.) und Radio (173 Min.) bleiben in der Gesamtbevölkerung mit Abstand die nutzungsstärksten Medien. Auf Rang 3 folgt das Internet (107 Min.). Während die Nutzung von Tonträgern (24 Min.) seit geraumer Zeit zurückgeht, ist das Lesen der Tageszeitung (23 Min.) stabil geblieben. Leicht rückläufig ist die Lektüre von Büchern (19 Min.). Zeitschriften und Video/DVD (jeweils 6 Min.) spielen bei der täglichen Mediennutzung eine untergeordnete Rolle.

 

 

Die gesamte Fernsehnutzung (einschließlich via Internet) beträgt 210 Minuten pro Tag.
Die Radionutzung erhöht sich inklusive Internetverbreitung auf 175 Minuten.
Von der Internetnutzung sind nur 26 Minuten mediale Nutzung.
Die Nutzung der Tageszeitung steigt inklusive Verbreitungsweg Internet auf 27 Minuten pro Tag.

 

 

In der Gesamtbevölkerung sind von 107 Minuten täglicher Internetnutzung 81 Minuten Kommunikation, Spiele, Shopping, Suchanwendungen etc.
Die 26 Minuten Mediennutzung entfallen auf jeweils 3 Minuten Fernsehen und weitere Videos, 2 Minuten Radio und 3 Minuten weitere Audiodateien, 4 Minuten Tageszeitung und 10 Minuten weitere Nachrichten (mit Rundungsdifferenzen ergeben sich 26  Minuten).

Offensichtlich ist das Internet aufgrund seines Multifunktionscharakters nicht direkt mit den klassischen Medien vergleichbar, weil es nur zu etwa einem Viertel (24 %) für die Mediennutzung verwendet wird.

 

 

Bei den 14- bis 29-Jährigen zeigt sich bezüglich der Nutzungsdauer der einzelnen Medien ein deutlich anderes Bild:

Das Internet liegt nach steilem Anstieg und einer jetzt täglichen Nutzung von 187 Minuten inzwischen an der Spitze, aber auch hier ist zu beachten, dass ein beträchtlicher Teil der Nutzung zum Beispiel Individualkommunikation ist.

In der jungen Zielgruppe wird pro Tag 144 Minuten ferngesehen und 137 Minuten Radio gehört.

Auffallend ist der anhaltende Rückgang der Tonträgernutzung (von 101 Minuten im Jahr 2005 auf 51 Minuten 2015), offenbar zugunsten des Internets (d.h. vor allem der Streamingdienste). Die Audionutzung im Internet geht jedoch nicht auf Kosten des Radios – im Gegenteil: Das Radio hat in der täglichen Nutzung sogar leicht zugelegt.

Bücher werden von 14- bis 29-Jährigen täglich 22 Minuten, die Tageszeitung 9 Minuten gelesen. Ebenso beträgt die Nutzung von Videos/DVDs durchschnittlich 9 Minuten pro Tag. Zeitschriften (1 Min.) spielen im täglichen Medienkonsum junger Menschen kaum eine Rolle.

 

 

In der jungen Zielgruppe (14 bis 29 Jahre) erhöht sich die tägliche Fernsehnutzungsdauer einschließlich der TV-Nutzung über das Internet auf 147 Minuten, die Radionutzung einschließlich via Internet auf 141 Minuten.

Von der Internetnutzung sind 48 Minuten mediale Nutzung.

Die Nutzung der Tageszeitung steigt inklusive Verbreitungsweg Internet auf 14 Minuten pro Tag.

 

 

In der jungen Generation sind von 187 Minuten täglicher Internetnutzung 139 Minuten Kommunikation, Spiele, Shopping, Suchanwendungen etc.
Die 48 Minuten Mediennutzung entfallen auf 6 Minuten Fernsehen und 8 Minuten weitere Videos, 5 Minuten Radio und 8 Minuten weitere Audiodateien, 6 Minuten Tageszeitung und 16 Minuten weitere Nachrichten (mit Rundungsdifferenzen ergeben sich 48  Minuten).

 

 

Fernsehen und Radio behaupten sich als nutzungsstärkste Medien in Deutschland. Gemessen an der Tagesreichweite und der täglichen Nutzungsdauer liegen in der Bevölkerung ab 14 Jahren Fernsehen (Reichweite: 80 %, Nutzungsdauer 208 Min.) und Radio (74 %, 173 Min.) eindeutig an der Spitze, vor dem Internet (46 %, 107 Min.) und der Tageszeitung (33 %, 23 Min.).

 

 

In der jungen Zielgruppe ist das Internet bezüglich Reichweite und Nutzungsdauer stärker als die anderen Medien.  Obwohl Radio und Fernsehen auch in dieser Zielgruppe reichweitenstark bleiben, ist die Nutzungsdauer für Radio und TV geringer als die des Internets. Auch bei dieser Darstellung sollte natürlich nicht außer acht gelassen werden, dass in dieser Zielgruppe 139 Minuten der Internetnutzung auf nicht-mediale Internetaktivitäten entfallen. 

 

 

Welche Faktoren spielen für die Mediennutzung eine Rolle? Warum wenden sich die Menschen bestimmten Mediengattungen zu?
Zur Beantwortung dieser Fragen sind sowohl die Nutzungsmotive der Rezipienten als auch die den Medien zugeschriebenen Images von Bedeutung.

Nutzungsmotive und Images der Medien

Die drei Hauptnutzungsmotive, um fernzusehen, sind Information, Spaß und Entspannung.

Beim Radio stehen die gleichen Nutzungsmotive im Vordergrund, nur in etwas veränderter Reihenfolge, nämlich Spaß, Information und Entspannung. Spaß  ist in allen Bevölkerungsgruppen das Top-Motiv für Radiohören.
Die Hauptnutzungsmotive des Internets sind Information, Nützliches für den Alltag erfahren und Spaß.
Die Tageszeitung wird vor allem zur Hand genommen, um sich zu informieren, Nützliches für den Alltag zu erfahren und um mitreden zu können.

Im Direktvergleich der Medien ist Fernsehen bei allen Nutzungsmotiven das Leitmedium, Radio hat seine Stärken bei den emotionalen Funktionen und wird nach dem Fernsehen als typischer Tagesbegleiter am häufigsten aus Gewohnheit genutzt. Die Tageszeitung fungiert unverändert als informationsorientiertes Medium. Das Internet hat einen vergleichsweise hohen Informations- und Gebrauchswert.

 

 

Fernsehen ist im Direktvergleich das unterhaltsamste Medium und hat von den vier tagesaktuellen Medien das breiteste Imageprofil. Das Internet gilt vor allem als modernes und vielseitiges Medium, während das Image des Radios durch seine Unterhaltsamkeit und seine ungezwungene Art geprägt wird. Die Tageszeitung gilt u.a. als anspruchsvoll, glaubwürdig und kompetent. Fernsehen und Radio sind die mit Abstand sympathischsten Medien.

Die positiven Imagewerte von Fernsehen und Radio sind wesentlich auf die Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zurückzuführen. In den vergangenen fünf Jahren haben sich die Imagewerte noch weiter zugunsten der öffentlich-rechtlichen TV-Programme verschoben. Die öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramme gelten im Vergleich zu den privaten als anspruchsvoller.

 

 

In der Studie Massenkommunikation werden im Vergleich der Anbietersysteme (öffentlich-rechtlich/privat) spezielle Leistungsprofile der Fernsehprogramme aus Zuschauersicht erhoben.

Öffentlich-rechtliche und private Fernsehprogramme im Vergleich

Die Leistungsprofile öffentlich-rechtlicher und privater Fernsehprogramme folgen im Vergleich zum Jahr 2010 dem gleichen Muster, wobei sich die Schere zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten TV-Programme weiter geöffnet hat. Die öffentlich-rechtlichen Kernkompetenzen sind unverändert stark ausgeprägt: Politische Informationskompetenz, Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit von Informationen, Wertevermittlung und Meinungspluralismus sind ebenso Domänen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wie die feste Verankerung im Kulturleben und die regionale Berichterstattungskompetzenz.

Den privaten TV-Programmen  wird mehrheitlich zugeschrieben, der Entspannung zu dienen.

Wie die Auswertung einer weiteren Frage aus der Studie Massenkommunikation ergibt, werden zur politischen Information eindeutig die öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Radioprogramme bevorzugt.

 

 

Seit dem Jahr 2000 gehören Fragen zur Einschätzung der Zukunft der Medien in den nächsten zehn Jahren zum Erhebungsprogramm der Studie Massenkommunikation.

Zukunft der Medien

Mit dem Aufkommen des Internets wurde vielfach das Ende der klassischen Medien prophezeit. Ohne die Vorteile des Internets zu verneinen, haben die klassischen Medien im Urteil der Menschen zukunftssichere Angebote und Vorteile. Mehr als 90 Prozent sind der Auffassung, dass Fernsehen an einem großem Bildschirm und in guter Qualität in den eigenen vier Wänden, also das klassische Lean-Back-Fernsehen, Zukunft hat. Fernsehen ist auch das prädestinierte Medium für Events und Großereignisse.

Auch ganz allgemein werden Fernsehen und Radio als Medien mit Zukunft eingeschätzt. Mehr als 80 Prozent der Bevölkerung stimmen dieser Auffassung zu.

Öffentlich-rechtliches Radio und Fernsehen werden von mehr als 80 Prozent der Bevölkerung als unverzichtbar erachtet, und diese Zustimmung ist auch im Zeitverlauf unverändert hoch. Besonders erwähnenswert ist darüber hinaus, dass Regionales in den Medien wichtig bleiben wird.

Zum Zukunftsszenario des Fernsehens gehört die Zustimmung, dass es Kanäle mit „Leuchtturmfunktion“ geben wird (90 %) und dass die zeit- und ortsungebundene TV-Nutzung zunehmen wird.

Eine nicht ganz so einhellige Meinung gibt es zum Thema Beteiligung an TV-Sendungen durch Kommentare und Abstimmungen, etwa zwei Drittel der Bevölkerung stimmen diesem Statement zu. Ähnlich verhalten ist die Zustimmung, ob ein großes Informationsangebot mehr Wissen schafft.

 

 

Fazit

  • Fernsehen und Radio behaupten sich trotz starken Wettbewerbs als nutzungsstärkste Medien. Dies gilt sowohl für die Tagesreichweite als auch für die tägliche Nutzungsdauer.

  • Das Internet dient als Zugangsplattform für vielfältige Anwendungen (Individualkommunikation und Alltagshandeln etc.), darunter auch Medieninhalte. Vor allem bei den 14- bis 29-Jährigen ist die klassische Mediennutzung ein relevanter Teil der Onlinenutzung .

  • Die Mediennutzung ist mit ca. 9,5 Stunden pro Tag ein wesentlicher Bestandteil im Leben der Menschen.

  • Die Onlinenutzung ist weiter angestiegen. Dies gilt auch für die Nutzung klassischer Medieninhalte im Internet.

  • Die Nutzungsmotive und die Images der tagesaktuellen Medien sind weitgehend stabil. Die positiven Imagewerte von Fernsehen und Radio sind wesentlich auf die Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zurückzuführen.

  • Die Leistungsprofile der TV-Programme haben sich weiter zugunsten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verändert.

  • Spaß ist in allen Alters- und Bildungsgruppen das Top-Motiv für Radiohören.

  • Wer sich über Politik informieren möchte, bevorzugt die öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Radioprogramme.

  • Die „Killerapplikation“ von TV bleibt TV: Dabeisein bei Events vor einem großen Bildschirm ist Gegenwart und Zukunft des Fernsehens.

     

Methodensteckbrief Massenkommunikation 2015

  • Auftraggeber: ARD/ZDF-Medienkommission

  • Methode: CATI

  • Institut: GfK Media and Communication Research, Wiesbaden  (ehemals GfK Enigma, Wiesbaden und MMA, Frankfurt)

  • Fallzahl: n=4 300

  • Grundgesamtheit (angelehnt an ma): deutschsprachige Wohnbevölkerung ab 14 Jahren aus Haushalten mit Telefonfestnetzanschluss in Deutschland

  • Gewichtung: ma 2015 Radio II (Basis: Zensus 2011, Mikrozensus 2013)

  • Feldzeit: 14. Januar bis 3. Mai 2015