Buchkritik: Marketing-Psychologie neu erzählt

Dirk Engel liest: „Mensch, Marke, Manipulation“ von Meike Terstiege

"Mensch, Marke, Manipulation“ – eine schöne Alliteration hat die Marketing-Beraterin Meike Terstiege als Titel für ihr Buch ausgewählt. Allerdings führt dieser etwas in die Irre. Wer beim Wort „Manipulation“ ein konsumkritisches Pamphlet erwartet, kann beruhigt werden. Die Autorin prangert kein manipulatives Marketing skrupelloser Großkonzerne an, die hilflosen Menschen Dinge verkaufen, die sie gar nicht brauchen. Im Gegenteil, für Terstiege ist Manipulation nichts Negatives, sondern nur ein anderes Wort für Marketing-Maßnahmen. Oder besser: für die psychologischen Mechanismen, auf denen erfolgreiche Maßnahmen beruhen. Das Wort Manipulation wird also in das positive Gegenteil gewendet. Schon der Untertitel des Buches verknüpft Manipulation mit „verstehen“ und sogar „lieben“.

Marketing zielt darauf ab, Hirn, Herz und Hand (wieder eine schöne Alliteration) zu beeinflussen. Damit ist nicht viel anderes gemeint, als dass Marketing immer auf Kognition, Emotion und Verhalten abzielt. Damit wird der Ansatz und vielleicht auch der Wert des Buches klar: Die Autorin liefert keine neuen Erkenntnisse, sondern gibt klassisches Marketing-Wissen in einer sehr alltagsnahen Sprache wieder. Sie vermeidet eine akademische Fachsprache und liefert viele eher anekdotische Beispiele und auf Aphorismen und Schlagworte reduzierte Maximen. Das macht das Buch zu einer leichten Lektüre. Einige Gastbeiträge von Marktforschern und anderen Experten bringen zusätzliche Sichtweisen in das Buch ein, doch im Zentrum steht das Storytelling der Autorin.

Case Studies werden so zu kleinen Erzählungen. Manchmal sind die Helden Produkte wie Snickers („Das Wurstbrot in Schokoladenformat“), manchmal Konzepte aus der Konsumpsychologie. Die Autorin plädiert für psychologisches Verständnis und Marktforschung, um die richtigen Hebel zu finden, die beim Konsumenten etwas bewegen. Dass sie dabei wissenschaftliche Konzepte in eine manchmal originelle Sprache übersetzt (als Beispiel: Wir alle haben „Ernie und Bert in uns“), macht den Reiz des Buches aus. Es hilft dabei sicherlich vielen Leserinnen und Lesern, sich dem Thema Konsumentenpsychologie auf eine weniger dröge, eher verspielte Art und Weise zu nähern. Das Buch ist allerdings kein Ersatz für ein umfassendes Lehrbuch zum Thema, sondern eher eine Einladung, sich auf das psychologische Verstehen einzulassen. Damit demonstriert die Verfasserin mit ihrem Text genau das, was sie beschreibt – Menschen mittels Storytelling dazu zu bringen, Hirn, Herz und Hand in Bewegung zu bringen. Das ist sicherlich nicht jedermanns Sache, aber durchaus ein unterhaltsamer Kontrapunkt zu den oft sehr akademischen Marketing-Büchern oder den einfältigen Verkaufsratgebern.

Dirk Engel